Karl Weigl

1881 - 1949

Einer jener Komponisten, die 1938 ins Exil getrieben wurden, war Karl Weigl Korrepetitor in der von Gustav Mahler geführten Wiener Hofoper, Wegbegleiter von Arnold Schönberg - aber anders als dieser ein entschiedener Vertreter der Spätromantik. Alle seine Musik ist tonal, Schönbergs Vorstöße in harmonisches Neuland hat Weigl ebenso wenig nachvollzogen wie seine Entwicklung er Zwölfton-Methode.

Es ist denn auch zu Zeiten zu einer Entfremdung zwischen den beiden Meistern gekommen, obwohl sie Seite an Seite 1903 die Vereinigung schaffender Tonkünstler ins Leben gerufen hatten, die zeitgenössische Musik in Wien pflegte.

Eine große Verehrung empfand Weigl für Gustav Mahler. Er war vermutlich Zeuge der Uraufführung der komplexen Siebenten Symphonie in Prag und widmete den Symphonien 4 bis 7 ausführliche Essays, die in einem Mahler-Sammelband im Jahr 1909 erschienen. In Rezensionen von Weigls Werken fällt der Name Mahler denn auch auffällig häufig.

Weigls Musik wurde von den besten Interpreten jener Jahre aufgeführt, zu seinen Dirigenten zählten Bruno Walter, Wilhelm Furtwängler und George Szell, seine Kammermusik fand mit dem Rosé Quartett und dem Kolisch-Quartett die besten Anwälte. Das Rosé-Quartett setzte 1907 die Uraufführung von Weigls einsätzigem Streichsextett auf sein Programm im Bösendorfersaal - zwischen die Erstaufführung von Max Regers Suite im Alten Stil (mit Franz Schmidt am Klavier) und Beethovens Quartett op. 130.

Noch 1937 kamen die Fünf Lieder für Sopran und Streichquartett in Wien durch Elisabeth Schumann und das Kolisch Quartett zur Uraufführung und Der Tag schwärmte vom »echt romantischen Geist« in Weigls Musik und von »Mahlerscher Lyrik, die Vorbild gewesen sein mag.«

Weigl unterrichtete Theorie und Komposition am neuen Wiener Konservatorium, Harmonielehre und Kontrapunkt am Institut für Musikwissenschaft an der Universität Wien.

Im amerikanischen Exil

Noch in der Emigration, als er mit seiner Familie in bitterer Armut in einer Einzimmerwohnung leben mußte, ehe er Lehraufträge in Brooklyn, Boston oder Philadelphia bekam, schrieb er groß angelegte Werke.

Doch war seine Musik nach seinem Tod - 1949 in New York - rasch fast völlig vergessen. Aufführungen wie die posthume Premiere der Fünften Symphonie, der »Apokalyptischen« unter Leopold Stokowski in der New Yorker Carnegie Hall konnten daran nichts ändern.

Biographie in Streichquartetten

Eine Initiative des Wiener Artis Quartetts sorgte dafür, daß immerhin die Streichquartette von Karl Weigl wieder in den Fokus rückten, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Schafen dieses Komponisten ziehen.

Weigls Musik gehört ihrem Tonfall nach ganz der frühen Wiener Moderne an, hält bei ähnlicher Expressivität in ihrer Ausweitung der überlieferten Formen grunsätzlich stärker an der Bindung an fühlbare Grundtöne fest als etwa die stilistisch ähnlichen Stücke aus der Feder von Alexander von Zemlinsky.

Acht Streichquartette hat Karl Weigl in Wien bzw. in der Emigration komponiert. Sie alle sind tonal und bleiben der Fin-de-Siècle-Tonsprache treu.


↑DA CAPO